Die Eröffnungsveranstaltung wird allgemein gelobt. Was in den vergangenen Jahren nicht immer ganz reibungslos lief (mal war die Projektion in der Stadthalle verbesserungswürdig, mal die Moderation) war dieses Mal ohne Einschränkung gut, das sagen die Gäste. Das gilt auch für die Eigenwerbungstrailer von Ecki Diehl. Zu sehen gabs neben dem Eröffnungsfilm "Ein ganzes Leben" auch eine Grußvideobotschaft von Marianne Sägebrecht und eine von Hans Steinbichler (Regie). Leider konnte niemand vom Cast kommen, da der Film in Südtirol parallel auch Weltpremiere hatte (am Drehort).  

Gaspard wiederum schaute sich "Beule" an. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Der Film von Janek Rieke ist reichlich überdreht, mit einer Tendenz zum Trash. Die Schauspielleistungen sind gut, auch in insbesondere von Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person: Rieke. Aber die Story ist streckenweise zu abgedreht und gewalttätig - wenn auch ironisch und komödiantisch überhöht. Zu viel Text zu viel Gelaber und nicht alles im Drehbuch bringt die Geschichte wirklich voran. Insgesamt ganz unterhaltsam, aber eher ein Film den man mal anschauen kann, nicht muss.

Ganz anders "Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel". Die Kommödie mit Joachim Król, Ulrike Krumbiegel und Rainer Bock ist ausgesprochen unterhaltsam und mit viel Liebe inszeniert. Der Cast begeistert, allen voran auch Marie Burchard und Serkan Kaya. Selten so gelacht. Ein schöner Fernsehfilm den man gesehen haben sollte. Am 11. Dezember im ZDF um 20:15 Uhr. Tipp: Vormerken.

Tobias Meinhold (rechts) mit Autor Christof Ritter (links) und Produzentin "Zwei Weihnachtsmänner..."

Die Biberacher Filmfestspiele zeigen 73 Filme und stehen unter dem Motto: Kleiner (als sonst) aber charmant. Der Vorstand hatte es ohne Intendanz nicht einfach in der Vorbereitung. Immerhin, das Programm ist nicht von schlechten Eltern. Zur Einstimmung und Erinnerung, eine Reportage von 1999 - den 21. Filmfestspielen, noch mit Adrian Kutter:

Man kann nur hoffen, dass die Filmfestspiele erhalten bleiben, Gründe  dafür zeigt das Festival in der Rubrik Biberach Spezial.

1996 war für die deutsche Fernsehszene ein wichtiges Jahr: Damals wurden in Biberach die Grundsteine für die Medienwerkstatt Biberach gelegt. Aus dieser Keimzelle wuchsen Verbindungen zu BTF (Bild und Tonfabrik Köln / produziert TV Sendungen und Shows), zu Musikern und sogar Quentin Tarantino (dank Schauspieler und Filmemacher Michael Kranz). Die 45. Biberacher Filmfestspiele widmen sich mit Ihrem Biberacher Spezial dieses Jahr diesen Ursprüngen. Vor 27 Jahren wurden erstmals im Rahmen eines zusätzlichen Filmfesttages zu den 18. Filmfestspielen Biberacher Amateurfilme gezeigt. 8 Filme waren von Biberachern im Lauf eines Jahres produziert worden. Unter Anleitung und Begleitung durch die Landeszentrale für politische Bildung, die Landesbildstelle Württemberg, das Kulturamt Biberach und zwei professionelle Filmemacher. Es entstanden Filme der Lesbengruppe, der Hiphopper, der Hochschulstudenten, ein experimenteller Spielfilm, ein Film über Hugo Häring und Obdachlose, über Schüler und das Landleben. Die Ergebnisse beeindruckten die Initiatoren in Stuttgart. Die Jugendstiftung Baden Württemberg stellte insgesamt 20 000 Mark Förderung zur Gründung einer Medienwerkstatt bereit.

Am Samstag, den 4. November wird im Kino 5 ab 21 Uhr ein Teil dieser Geschichte wieder über die Leinwand flimmern. "Träume nicht Dein Leben, lebe Deine Träume". Der Film, damals von Günter Gerber und Johannes Pahlke gedreht, begleitet den Obdachlosen Sven in seinem Alltag. Er starb noch vor der Premiere des Filmes 1996. Der Film führte zur Gründung der Wohnungslosenhilfe Biberach (e.V.).

Obdachlos in Biberach: Sven

Es folgt der Film "Werkraum Oberschwaben". Er befasst sich mit dem Architekten Hugo Häring. Weltweit gefeiert und vor allem auch in Japan verehrt ist Härings Ruf in Biberach eher bescheiden. Überschattet von Bäckerkunst (Fastenbrezeln) und Architektur a la Stadthalle kennen nur wenige Häring, den Architekten. Der Philosoph Jürgen Kraft drehte 1995 / 96 die Dokumentation rund um die Fragestellung, ob man in der Biberacher Provinz überhaupt Kreativität schätzt. Einer seiner Interviewpartner war Alt-OB Claus Wilhelm Hoffmann.

Alt OB Hoffmann im Gespräch mit Jürgen Kraft
Jack Krispin als "alter Mann" Hanni in "Lost in Illusions"

Der experimentelle Spielfilm „Lost in Illusions“ unter der Regie der damals 20 jährigen Valérie Lasserre nach Drehbuchmotiven von K. D. Diedrich, dem ehemaligen Filmvorführer der Kutterkinos ist stark von biografischen Motiven Diedrichs geprägt. Lost, ein Schriftsteller, scheitert. Ausgerechnet in der Provinz aus der er kommt. Im Film ist der ein oder andere Profi zu sehen: Als Literaturagentin Andrea Brendel (damals Radio 7), als alter Mann in Biberachs Straßen Jack Krispin (Radio 7), Martin Heilig (verstorbener Künstler, als er selbst) oder auch Bundeskanzler Kiesinger. Musiksegmente im Film stammen von Hans Martin Buff, der später für Prince arbeitete, für die Scorpions und heute für Peter Gabriel.

Den Abschluss der Reihe Biberach Filme einer Stadt schließlich bildet „News von der Basis“. Die Dokumentation fasst das Gesamtprojekt zusammen und wurde 1997 produziert. Sie berichtet auch über die Nachwirkungen und die Gründung der Medienwerkstatt Biberach. Im Film kommen Björn Brunner, Hans Peter Biege (Alt-Kulturdezernent Biberach) und Adrian Kutter zu Wort.

Zwischen den Filmen sind kurze Pausen geplant und zur Diskussion sind die ehemaligen Filmemacher und Beteiligten geladen, sowie Mitglieder der Medienwerkstatt. Anwesend sind Albert Gratz, Hermann Schnirring und Uli Stöckle, Jürgen Kraft, Jack Krispin, Ulrike Wächter (Wohnungslosenhilfe e.V.).

Ekke Leupolz (Mitte)

Im zweiten Block von Biberach Spezial geht es dann um ein Biberacher Schreckgespenst der 70er Jahre. Ekke Leupolz – das Monster für viele Eltern dieser Jahre erklärt sich und seine Sicht der Welt. Ekke – Drogendealer, Mädchenverführer und Bösewicht vom Dienst lebte bis 2002 und starb an den Folgen von Kehlkopfkrebs. Leupolz war er Inbegriff der APO in Biberach, stand wegen Venceremos vor Gericht und sorgte damit auch bundesweit im Spiegel für Schlagzeilen. Der spätere EU Kommissar Bangemann vertrat Leupolz vor dem Biberacher Amtsgericht als Anwalt. Uli Stöckle interviewte Ekke Leupolz 1998 und machte daraus 2003 einen Dokumentarfilm: „Trotzdem hoffe ich – Provinz ist, wenn man trotzdem lebt“. Die Musik dazu stammt von Erich Baumgärtner. Leupolz, ein Macho, Sexist, Drogendealer und Sohn eines Nazis (sagt er).

Biberach Spezial, Block 2 ab 23:15 Uhr in Kino 5 bis ca. 0:30 Uhr Samstag 4.11.